AKTUELLES

AUS ALLERBESTEM HAUSE

Truppenabzug Mali 20220221Frankreich zieht seine Truppen aus Mali ab, wird sich jedoch weiterhin in der Sahelregion gegen Terrorismus engagieren. Ohne die Führungskraft Frankreich wird auch ein Abzug der Bundeswehr aus Mali wahrscheinlich. Doch was sind die Kosten eines Truppenabzuges für Deutschland und Europa und welche Alternativen gibt es?

Provokation aus Bamako

Die Order aus Paris zum Abzug der französischen Truppen aus Mali am letzten Donnerstag kam nicht unerwartet. Mehrere hunderte Söldner der russischen Wagner Gruppe befinden sich im Land, der französische Botschafter wurde ausgewiesen und die Bundeswehr und ihre Partner vor Ort massiv behindert.

Trotz ihrer Behauptung geht es der Militärjunta unter Oberst Assimi Goïta nicht um die Verbesserung der schlechten Sicherheitslage in Mali. Hierfür wäre Frankreich ein unerlässlicher Partner. Goïta und seine Getreuen zielen auf die Stabilisierung ihrer Macht aus Gründen der Maximierung persönlicher Gewinne. Diesbezüglich unterscheiden sie sich nicht von der abgesetzten Vorgängerregierung unter Präsident Ibrahim Boubacar Keïta.

Gerüchten zufolge verhandelt Bamako derzeit den Export von Mineralien und Gold – Malis wichtigsten Bodenschätzen – mit chinesischen, russischen und australischen Interessenten. Hierbei stören die Europäer, die zusammen mit der Westafrikanischen Wirtschaftsgemeinschaft (ECOWAS) auf eine Rückkehr zur Demokratie drängen.

Die Kosten des Abzuges

Der zu erwartende Abzug der Bundeswehr und der verbliebenen europäischen Partnerkräfte aus Mali birgt Kosten. Das westafrikanische Landi ist ein Schlüsselstaat für die Bekämpfung des Terrorismus in der Sahelregion.

Ein vollständiger Abzug der Europäer wird erzielte Fortschritte zunichtemachen und ein Sicherheitsvakuum hinterlassen, welches das malische Militär auch mithilfe der Gruppe Wagner nicht füllen kann. Terroristische Gruppen wie der Islamische Staat und Al-Qaida werden noch mehr Boden in Mali gewinnen und sich von dort aus sukzessive in der Region ausbreiten. Im Grenzgebiet von Mali, Niger und Burkina Faso ist dies bereits zu beobachten.

Eine weitere Destabilisierung der Sahelregion wird es ihnen erlauben durch die Sahara in nordafrikanische EU-Anrainerstaaten wie Algerien und Marokko zu expandieren. Sie verschärft Sicherheitsrisiken des Terrorismus und Drogenhandels und potentiell den Migrationsdruck auf Europa. Aus diesem Grund ist der zu erwartende Truppenabzug der in Mali verbliebenen Europäer aus strategischer Sicht nicht ratsam.

Eine europäische Sahel-Strategie

Doch selbst nach einem Abzug aus Mali verbleiben Frankreich und Deutschland noch Optionen der weiteren Ausbreitung von islamistischem Terrorismus in der Sahelzone entgegenzutreten. Beide Staaten sollten versuchen, die zivilen und militärischen Bemühungen ihrer afrikanischen und europäischen Partner in einer ganzheitlichen Sahel-Strategie zu bündeln.

Der Afghanistan-einsatz hat die Folgen eines Ansatzes gezeigt, der dazu nicht im Stande ist. Dabei muss aus in Mali und am Hindukusch begangenen Fehlern gelernt werden: Zukünftig muss stärker gegen schlechte Regierungsführung, Armut und Korruption – die wirtschaftlichen und politischen Ursachen des Terrorismus in Westafrika – vorgegangen werden.

Deutschland und seiner Partner müssen sicherstellen, dass Governance-Reformen umgesetzt werden und diese notfalls durch das Zurückhalten von Entwicklungsgeldern und Wirtschaftssanktionen forcieren. Zur Absicherung dieses Reformprozesses ist eine langfristige Militärpräsenz in Malis Nachbarschaft unerlässlich. Die grenzübergreifende Bekämpfung terroristischer Gruppen sowie die Ausbildung und Ausrüstung einheimischer Streitkräfte wie derzeit in Niger muss fortgeführt werden. Die Alternative ist Unsicherheit und Leid, zuallererst in Afrika, aber auch in Europa.

Autor:

Fabian Knörzer, M.A.

Referent für Sicherheitspolitik im HAUS RISSEN
Schwerpunkte: Sahelzone, Afrika

Cookies erleichtern die Bereitstellung unserer Dienste. Mit der Nutzung unserer Dienste erklären Sie sich damit einverstanden, dass wir Cookies verwenden. Weitere Informationen