1954 wurde HAUS RISSEN durch Hamburger Persönlichkeiten aus Wirtschaft, Politik, Wissenschaft und Medien gegründet, um nach dem Zweiten Weltkrieg die demokratische Neuausrichtung der jungen Bundesrepublik zu unterstützen und zur Einbindung des Landes in den Westen beizutragen.
Dieser Gründungsimpuls ist im Satzungszweck des Instituts festgehalten: „Jugend für Demokratie und Marktwirtschaft zu gewinnen und die Völkerverständigung zu fördern“. Bis heute liegt deshalb einer der Schwerpunkte des Instituts in der politischen Bildungsarbeit mit Schulen aus dem gesamten Bundesgebiet.
Der Gründer der Atlantik-Brücke, Erik Blumenfeld, engagierte sich aktiv beim Aufbau des HAUS RISSEN und leitete das Kuratorium des Instituts bis 1982. Deshalb gehört auch die Pflege der transatlantischen Beziehungen bis heute zu den Arbeitsschwerpunkten des Instituts.
Seit 1983 leitet der Hamburger Unternehmer Dr. Michael Otto das Kuratorium. Er ist dem Institut bereits seit den frühen siebziger Jahren verbunden. Bis heute unterstützt und begleitet er das Institut mit seiner Erfahrung und seinem Netzwerk in allen Phasen der programmatischen Weiterentwicklung. Sein Ziel ist, dass durch die Bildungsarbeit des Instituts der Wert demokratischer Prozesse, die Wechselwirkungen zwischen Politik und Wirtschaft und die Prinzipien nachhaltigen Wirtschaftens vermittelt und verstanden werden, um die Bindekraft der Gesellschaft insgesamt zu stärken.
Zeitstrahl HAUS RISSEN
1921
Bau der Villa Rissen als großbürgerlicher Landsitz für den Kaufmann Albert Ernst Vesper. Der Bau im klassischen, hanseatischen deco Gründerzeitstil wird durch die Architekten Krenski & Wille aus Hamburg realisiert. Das Haus Rissen wird auf der Fläche eines abgebrannten Kinderheims „Storchenheim“ aus dem Jahr 1906 erbaut und liegt damals noch nicht im Hamburger Stadtgebiet, sondern gehört zusammen mit dem Dorf Rissen noch zur preußischen Provinz Schleswig-Holstein. Im Jahre 1927 (Groß-Altona-Gesetz) wird das Haus Rissen zusammen mit dem gleichnamigen Dorf in die Stadt Altona/Elbe eingemeindet und fiel mit dem Groß-Hamburg Gesetz vom April 1938 als Vorort an die Hansestadt Hamburg. In der Inflationszeit am Ende der „goldenen“ 20er Jahre der Weimarer Republik erlebt das HAUS RISSEN häufig wechselnde Eigentums- und Nutzungsverhältnisse und steht damit symbolisch für die ökonomische & soziale Krise Deutschlands, den „Schwarzer Freitag“ am 24. Oktober 1929 mit dem New Yorker Börsencrash sowie die damit zunehmende politische Instabilität der jungen Weimarer Republik
1934 - 1945
„Gauführerschule“ der Deutschen Arbeitsfront (DAF) als Unterorganisation der NSDAP (Nationalsozialistische Deutsche Arbeiterpartei). Nach der Eröffnung jener „Gauführerschule“ 1934 durch den Hamburger Gauleiter Karl Kaufmann wird das HAUS RISSEN durch die Nationalsozialisten als „Gau-Betriebsgemeinschaftsschule Carl Heinzelmann“ betrieben. Die Leitung der “Gauführerschule“ hatte Rudolf Habedank inne, welcher ab 1933 Hamburgischer Staatsrat und ab 1938 Ratsherr in der Hansestadt war und als DAF-Gauamtsleiter in Hamburg eine entscheidende Verwaltungsrolle in der Nationalsozialistischen Gewaltherrschaft in Hamburg einnahm. Vom 12. November 1933 bis zum Ende der NS-Herrschaft im Frühjahr 1945 saß Rudolf Habedank als NSDAP-„Abgeordneter“ für den Wahlkreis 34 (Hamburg) im nationalsozialistischen Reichstag und galt als wichtige Stütze des Hamburger Gauleiters Karl Kaufmann.
1954
Erwerb der Immobile durch die „Gesellschaft für Wirtschaft und Sozialpolitik“ als Trägerorganisation des HAUSES RISSEN. Beginn der bildungspolitischen Tätigkeit des Hauses Rissen mit dem Grundauftrag zur Förderung von politischem Engagement und politscher Verantwortung im neuen demokratischen Gemeinwesen der jungen Bundesrepublik. Unter der Leitung von Gerhard Merzyn (1918-1983) steht von Anfang an im Zentrum der bildungspolitischen Tätigkeit im HAUS RISSEN die politische Unabhängigkeit sowie die gesellschaftliche Auseinandersetzung mit geopolitischen, sozialen und wirtschaftlichen Fragestellungen. Ebenfalls zu erwähnen als Grundlage der politischen Arbeit im HAUS RISSEN in den Anfangsjahren ist die Westbindung der Bundesrepublik Deutschland, Stärkung der Demokratie und der Sozialen Marktwirtschaft als Maßstäbe der Bildungsarbeit. Darüber hinaus fühlt sich das HAUS RISSEN seit seiner Gründung 1954 der Förderung des Dialoges zwischen Gewerkschaften und Arbeitgebern verpflichtet. Kurz nach der Gründung des HAUSES RISSEN beginnt auch die regelmäßige Publikation der hauseigenen Zeitschrift „Rissener Rundbrief“ (seit 2020 „Rissener Telegramm) mit Beiträgen von aktuellen Ereignissen im HAUS RISSEN, Arbeitsberichten und Veranstaltungshinweisen.
1961 - 1970
Verstärkte Zusammenarbeit des HAUSES RISSEN mit der „Atlantik-Brücke“ mit dem Ziel die deutsch-amerikanische Freundschaft zu intensivieren: Die außenpolitischen Seminare jener Epoche werden besonders gekennzeichnet durch den Sputnik Schock (1959), die Kuba Krise (1961) oder den Einmarsch von Truppen des Warschauer Paktes in die Tschechoslowakei mit der brutalen Unterdrückung des „Prager Frühlings“ 1968. Der Vietnamkrieg der USA und die damit eingehende Polarisierung der Studenten und Friedensbewegung erreicht auch das HAUS RISSEN und führt zu leidenschaftlichen Diskussionen mit Vertretern verschiedener politischer Lager.
1971 - 1980
Die 70er Jahre bringen viele Veränderungen mit sich, auf die das HAUS RISSEN sich thematisch flexibel einstellte: Schon früh werden im HAUS RISSEN die Zeichen der Zeit erkannt. Mit der Aufnahme Chinas in die Vereinten Nationen, Präsident Nixons Besuch bei Mao Zedong in Peking 1972 und der späteren ökonomischen Öffnungspolitik unter Deng Xiaoping; die Beschäftigung mit neue Weltmacht China zieht sich wie ein Roter Faden durch die Programme von HAUS RISSEN in den 70er Jahren. Innenpolitisch beschäftigt sich das HAUS RISSEN in diesen turbulenten Zeiten mit der „Neuen Linken“ in der BRD: die „68er-Revolution“, die APO (Außerparlamentarische Opposition) oder der damals einflussreiche SDS (Sozialistischen Deutschen Studentenbund) sind nur einige Schlagwörter mit denen sich das HAUS RISSEN konstruktiv auseinandersetzte. Mit der Gründung des „Club of Rome“ rücken erstmalig auch ökologische Aspekte in den Fokus der Internationalen Beziehungen: Auch in dieser Thematik ist das HAUS RISSEN von Anfang an dabei: Nicht nur, dass der langjährige Leiter des HAUSES RISSEN, Gerhard Merzyn, 1976 Mitglied des „Club of Rome“ wird, sondern auch, dass die Arbeit des „Club of Rome“ immer wieder Gegensand von Seminaren ist. So wurde z.B. am 12.05.1973 die erste Veranstaltung zu ökologischer Nachhaltigkeit mit dem Titel: „Grenzen des Wachstums-Wie sicher ist die Zukunft der Menschheit“ im HAUS RISSEN mit interessierten Seminarteilnehmern durchgeführt.
1981 - 1990
Die achtziger Jahre im HAUS RISSEN: Auswirkungen moderner Techniken auf die Arbeitswelt, die neue sowjetische Außenpolitik unter Gorbatschow, der Zerfall des Ostblocks und die deutsche Wiedervereinigung. Die zunehmende Automatisierung & Rationalisierung der Arbeitswelt in den 80er Jahren und deren Auswirkungen auf die soziale Marktwirtschaft wird im HAUS RISSEN durch diverse Seminare thematisiert. Doch nicht nur innenpolitische ökonomische Themen prägen dieses Jahrzehnt, sondern zunehmend der Wandel in den Staaten des Ostblocks. Von der Gewerkschaftsbewegung Solidarność mit Lech Wałęsa in Polen über die Leipziger Montagsdemonstrationen in der DDR bis hin zu Glasnost & Perestroika unter dem neuen KPdSU Vorsitzenden Michail Gorbatschow; Die Themen im HAUS RISSEN sind am Puls der Zeit in den 80er Jahren und versuchen, damals wie heute, die sich rasch wandelnde politische Welt zu begreifen und didaktisch anspruchsvoll zu vermitteln. Als Höhepunkt dieses Wandels kann der Besuch im Dezember 1989 von Vertretern des „Neuen Forums“ im HAUS RISSEN gesehen werden. Die Vertreter des „Neuen Forums“, als Oppositionsbewegung in der DDR entstanden, wünschten eine Kooperationen mit dem HAUS RISSEN, um dem großen Informationsbedarf gerecht zu werden, der nach der ersten Sitzung des „Runden Tisches“ Ende 1989 in Berlin entstanden war.
1990 - 2004
Die neunziger Jahre und frühen Zweitausender: Der 9. November und seine Folgen: Das Ende des Ostblocks hat viele Auswirkungen auf das politische Gefüge weltweit aber besonders in Europa. Zunehmend geraten politische, wirtschaftliche und kulturelle Aspekte einer Osterweiterung der Europäischen Union in den Mittelpunkt von HAUS RISSEN: Thematisch werden Seminare veranstaltet die sich mit der NATO-Osterweiterung, den Kriegen im ehemaligen Jugoslawien aber auch der sich beschleunigenden Globalisierung widmen. Mit den Terroranschlägen von al-Qaida am 11.September 2001 auf das World Trade Center in New York und dem darauffolgendem „War on Terror“ von U.S. Präsident George W. Bush, der westlichen Intervention in Afghanistan und der Invasion im Irak 2003, sowie dem Sturz Saddam Husseins beginnt eine Zeit in der das HAUS RISSEN sich intensiv mit U.S. amerikanischer Außenpolitik und der Rolle der NATO-Partner darin beschäftigt. Intern im HAUS RISSEN findet eine inhaltliche Modernisierung sowie ein personeller Generationswechsel statt; Dieser ist einerseits geprägt durch die Übernahme der Leitung von Uwe Möller durch Dr. habil Peter Robejsek und andererseits durch die Erschließung neuer Tätigkeitsfelder des HAUSES RISSEN nach U.S.-amerikanischem „Think Tank“ Vorbild. Dazu zählt auch der Aufbau moderne Internetpräsenz oder die Öffnung für kulturelle Abende im HAUS RISSEN.
2004 - 2017
Im Jahr 2004 konnte das HAUS RISSEN sein 50-jähriges Bestehen feiern und war zeitgleich mit den politischen Entwicklungen beschäftigt, welche diese entscheidende Phase prägten: Besonders die Auswirkungen der westlichen Interventionen im Nahen Osten, die Finanz & Wirtschaftskrise 2008/2009 und der Arabische Frühling 2011 fanden sich in der programmatischen Arbeit des HAUS RISSEN wieder. Hauptsächlich der Bürgerkrieg in Syrien und der Staatszerfall in Libyen nach dem Sturz Muammar al-Gaddafi, als auch der Aufstieg & Fall der Terrororganisation IS (Islamischer Staat) beschäftigte die Experten des HAUS RISSEN in ihren Seminaren.
Mit der Staatsschuldenkrise in einigen Ländern der E.U. ab dem Jahr 2011 und den diversen Mechanismen die zu deren Bekämpfung implementiert wurden, wie z.B. der ESM (Europäischer Stabilitätsmechanismus) oder diverse, stark umstrittene finanzpolitische Maßnahmen in den am stärksten betroffen Eurozonen Ländern wie Irland, Italien, Portugal Spanien und insbesondere Griechenland.
Auch die Flüchtlingskrise ab 2015, der Aufstieg rechtspopulistischer Parteien in Europa oder die Wahl Donald Trumps im November 2016 zum U.S. Präsidenten beschäftigte das HAUS RISSEN intensiv und führte zu lebhaften wie kontroversen Diskussionen mit den jeweiligen Gästen des Hauses.
2017 - 2021
Ab 2017 rückt im Aufgabenspektrum des HAUSES RISSEN verstärkt die Jugendbildung ins Zentrum der bildungspolitischen Tätigkeiten: Mit spannenden Angeboten wie die Ausbildung von jungen Erstwählerinnen und Erstwählern zu Wahlhelfenden bei den aktuellen Bundestags- und Landtagswahlen sowie bei Europawahlen im Rahmen des Programms Erstwahlhelfer®. Ein weiteres sehr beliebtes Programm der Jugendbildung im HAUS RISSEN ist eine Simulation der Vereinten Nationen (SVeN) bei dem der Wirtschafts- und Sozialrat sowie der Menschenrechtsrat der Vereinten Nationen simuliert von Jugendlichen simuliert die auch Lösungsvorschläge für die dringendsten globalen Probleme entwickeln. Inhaltlich richtet sich die Jugendbildung an den Abiturthemenvorgaben des Landes Hamburg aus und bereitet diese professionell im Rahmen der internationalen Politik für eine moderne, didaktische anspruchsvolle Vermittlung auf: So sind aktuelle Themen z.B. die „Herausforderungen der Digital Natives – Vom Zusammenspiel von Medien & Politik im Informationszeitalter“, „Ohne Moos nix los – Der richtige Umgang mit Geld“ oder auch das „Spannungsfeld von Ökonomie und Ökologie“ um nur einige mitreißende Angebote des Jugendbereichs zu nennen.
Personell änderte sich im HAUS RISSEN ebenfalls in dieser Zeit einiges: Mit dem Generationswechsel in der Leitung vom langjährigen Direktor Dr. Philipp-Christian Wachs (2008–2021) zu Verena Fritzsche (ab 2021) steht nicht nur zum ersten Mal eine Frau an der Spitze des HAUS RISSEN sondern auch eine neue Ausrichtung hin zu digitalen Angeboten, verstärkter Jugendbildungsarbeit und dem ambitionierten Ziel den „Geist“ der langjährigen politischen Bildungsarbeit des HAUS RISSEN ins 21.Jahrhundert zu transformieren.