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AUS ALLERBESTEM HAUSE

Wie kommen wir vom Wissen zum Handeln?

Zum 68.-zigsten Hausgeburtstag hatte das HAUS RISSEN die Ehre, Prof. Dr. Michael Otto, Prof. Dr. Mojib Latif, Aygül Özkan und Annika Rittmann zu einer Podiumsdiskussion zum Thema „Die Grenzen des Wachstums sind überschritten! Wie kommen wir vom Wissen zum Handeln?“ begrüßen zu dürfen. Im Karin Fischer Saal empfing die Geschäftsführerin Verena Fritzsche die Gäste, sowie rund 140 Zuhörerinnen und Zuhörer.

HAUS RISSEN Veranstaltung

Bevor Frau Fritzsche die Diskussion mit der ersten Frage einleitete, gab es eine kurze  Vorstellungsrunde der vier Podiumsgäste: Von der 19jährigen Fridays For Future Aktivistin bis zum Vorsitzenden des Aufsichtsrates der Otto Group, der weltweit agierenden Handels- und Dienstleistungsgruppe .

Ein weiter Weg zum 1,5-Grad-Ziel

Die Auftaktfrage galt der Beurteilung des aktuellen Stands unserer Bemühungen zum Klimawandel und der Nachhaltigkeit. Den Anfang machte, mit Annika Rittmann, die jüngste Rednerin auf dem Podium: „Wir sind sehr, sehr weit weg, die 1,5-Grad-Grenze einzuhalten und ehrlich gesagt auch die 2-Grad-Grenze, wenn wir so weiter wirtschaften wie jetzt gerade.“, woraufhin auf dem Podium als Reaktion ein einheitliches Nicken zu beobachten war. Und auch die Einigkeit bei Annikas Forderungen: „wir dürfen nicht darüber reden, so als wäre es ein Problem von in 20/30 Jahren“, war unter den Panelisten klar erkennbar.

Energetisches Bauen als wichtiger Eckpfeiler

Aygül Özkan gab in Ihrem darauffolgenden Statement zum aktuellen Stand zu bedenken, dass man die Bedeutung des energetischen Bauens nicht unterschätzen dürfe. Sie betonte zudem mit Nachdruck, dass der Gebäudesektor für 40% der CO² Ausstöße verantwortlich sei. Es müsse laut Ihr daher vor allem im heutigen Bestand angesetzt und saniert werden.

Mit der Forderung nach einer Echtzeit- Datenübertragung, bezogen auf die eigenen Energieverbräuche, startet Frau Özkan sodann eine kontroverse Debatte mit den Worten „wenn transparent gemacht wird, wie Sie sich verhalten, können Sie ihr Verhalten auch umstellen“.

Eine gewichtige Frage unserer heutigen, digitalen Zeit, laut Özkan: „geht Klimaschutz, in Zeiten wie diesen, vor Datenschutz?“

Club of Rome als prägender Vordenker

Klimaforscher Prof. Dr. Mojib Latif richtete hingegen sein Hauptaugenmerk vornehmlich auf die „Frage nach der (Generationen-) Gerechtigkeit“ und die „historische Verantwortung“ die damit einhergeht. Prof. Dr. Latif untermauerte dies mit einem Zitat aus dem Bericht an den Club of Rome „wenn die Auswirkungen zutage treten, haben wir zu lange gewartet“ (1972). Es sei daher gerade die „Gerechtigkeit zwischen den Generationen“, welche man nicht aus den Augen verlieren dürfe.

Dem Klimaforscher Prof. Dr. Latif war es zudem ein Anliegen, darauf hinzuverweisen, dass reiche Menschen sehr viel mehr CO² ausstoßen, als arme Menschen, aber es seinen „gerade die Armen, die ganz besonders von der Klimakrise getroffen sind“, was sich gut am aktuellen Beispiel in Pakistan aufzeigen ließe.

private Investitionen für ein nachhaltiges Wirtschaften

Als erfahrener und erfolgreicher Geschäftsmann warft sodann Prof. Dr. Michael Otto einen Blick auf die Unternehmen und ihren Weg zum nachhaltigen Wirtschaften. Mit der finalen Notwendigkeit, dass „[…] nicht nur der Staat, sondern vor allem private Investitionen für den Ausbau von grünem Strom und Wasserstrom investieren müssen“. Als Forderung nennt Herr Prof. Dr. Otto staatliche Rahmenbedingungen und bundesweite Einheitlichkeit, um diese Vorhaben für Investoren attraktiver und einfacher zu machen.

Als Gegenfrage formuliert Geschäftsführerin Verena Fritzsche ein ganz grundlegendes Problem, und zwar „wäre nicht auch ein anderer Ansatz, den Konsum der Menschen zu drosseln?“ 

Darauf entgegnet Prof. Dr. Mojib Latif ‚plump‘ „wir leben im falschen System. Unser System belohnt Umweltzerstörung. […] Und solange wir das nicht korrigieren, werden wir nie schnell genug hier irgendwas erreichen können.“. Deutlich wird das an einem Bespiel, der interessanteren Art:

„Die Alkopops waren früher das günstigste Getränk in der Diskothek. Als der Preis von den alkoholfreien Getränken gesenkt wurde, hat die Jugend schlagartig weniger Alkohol getrunken.“ 

Und so ist es auch mit den nachhaltig produzierten und den nicht nachhaltig produzierten Produkten, deren Preise sich deutlich unterscheiden, wobei oftmals die klimafreundlichen Artikel wesentlich kostspieliger sind. (Latifs Fazit: „man darf nicht alles dem Markt überlassen.“)

Neue Denkansätze und Hinterfragungen

Für alle Beteiligten lieferte diese Diskussion spannende und vielleicht auch neue Denkansätze und Hinterfragungen. Geht Klimaschutz vor Datenschutz? Wäre nicht auch für mich mehr Transparenz bei meinem ökologischen Fußabdruck hilfreich, um mein Verhalten zu ändern?

Und wie können Unternehmen sich unabhängig von unserem Konsum machen?  (Konsumgesellschaft ohne Konsum?)

Wir bedanken uns an dieser Stelle bei Annika Rittmann, Aygül Özkan, Prof. Dr. Mojib Latif und Prof. Dr. Michael Otto für die Teilnahme an der Podiumsdiskussion. Aber auch bei allen anderen Gästen, die diesen ganz besonderen Tag mit uns gefeiert haben.

 

Marius Fröchling
Panel
A.Özkan
Verena Fritzsche
Panelisten
Mojib Latif
Publikum
Annika Rittmann

 Fotos: Gilbert Studios, Hauke Gilbert

Text: Mia Tschierschke

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